Gegensätze ziehen sich an – eine italienische Reise durch eigene Vorurteile

Italien läßt sich nicht regieren. Die Politiker streiten ständig. Der Norden kämpft gegen den Süden und Don Camillo gegen Peppone. Alte Blöcke, die sich nie verändern. Wir glauben, genau zu wissen, was im Urlaubsland unserer Kindheit vor sich geht. Aber wenn wir etwas näher hinschauen, können wir von unseren südlichen Nachbarn noch einiges lernen.
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Meine persönlichen Vorurteile über die italienische Politik begannen zu schwanken, als ich mir die Ergebnisse der letzen Wahl in Bezug auf die Regionen ansah und entdecken mußte, daß sie nicht so ganz dem jahrzentelang propagierten Nord-Süd-Konflikt entsprachen. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich, daß Berlusconi neben den Rechtsradikalen sowohl die Liga Nord als auch separatistische Parteien des Südens unter sich vereinigte.

Daraufhin wollte ich wissen, wer denn nun die sind, die allgemein als Mitte-Links-Bündnis bezeichnet werden und kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ich muß zugeben, daß die Parteienlandschaft auf der Apenninhalbinsel mit ihrer Vielfalt, den ständigen Namenswechsel und unzähligen Umgruppierungen recht verwirrend ist. Aber das hat auch Vorteile. So können Christen zu ihren christlichen Werte stehen und lassen sich nicht so leicht (wie bei uns) von Großindustriellen instrumentalisieren. Kommunisten wagen es, pragmatisch auf ein heute viel zu mißverstandenes Wort zu verzichten. Und das in einem Land, in dem quasi das Oberhaupt der größten christlichen Kirche und die ehemals stärkste kommunistische Partei Westeuropas beheimatet sind. Vielleicht braucht es einen festen Glauben, um auf Namen & Dogmen zu verzichten.

Ich muß nochmal betonen, daß ich kein Politikwissenschaftler bin, und wohl noch viele verwirrende Details gefunden werden können, um zu beweisen, daß alles viel komplizierter ist, als hier dargestellt. Und ich tue sicher auch manchen Politikern und vielen Wählern unrecht, die diese Zeilen hoffentlich nie lesen oder mir gnädig verzeihen, aber soweit sich die Situation für mich darstellt, ging es bei der letzten Wahl in Italien nicht um Rechts gegen Links oder Norden gegen Süden. Da waren eher auf der einen Seite Populisten & Separatisten, die auf Ausgrenzung, Medienmonopol oder Protestwählerstimmen setzten. Und auf der anderen Seite vereinigten sich undogmatisch Christen, Sozialisten, Kommunisten, Grüne und alle, die lieber konstruktiv zusammenarbeiten als über theoretische Unterschiede streiten.

Wäre sowas bei uns denkbar?
Wäre es klug?
Vielleicht ist Italien ja nicht nur das Ende der europäischen Finanzwirtschaft sondern ein Vorbild für Lösungen.