Davids Stein & Schleuder
Der Friedensturm will ja als ethisch sensibel genutztes ehemaliges Militärgebäude nicht nur das positive Gegenteil von Nationalsozialismus sondern auch von Eroberungsfeldzügen sein. Hundert Jahre nach dem ersten Weltkrieg sieht gewinnorientiertes Großmachtdenken, unbeschränkte Expansion, feindliche Übernahme, ja sogar kriegerische Auseinandersetzung heute ganz anders aus. Die Ursachen bleiben oft gleich. Das positive Gegenteil sind sicher vielfältige, gemeinschaftliche, allseits fördernde, freie, schenkende Hilfsaktionen wie z.B. die Selbermacherei und andere gemeinnützige, nichtkommerzielle Projekte.
Aus aktuellem weltpolitischen Anlaß wollen wir uns aber auch die Opfer der Wachstumsgier ansehen. Die russischsprachigen Leidtragenden der grenzenlosen EU-Okkupationspolitik waren bereits Thema. Die unserem Blockdenken zugrundeliegende, tiefsitzende, alte Angst „die Russen kommen!“ steckt noch in vielen von uns. Doch was, wenn die Russen nicht nur geblieben wären, sondern Wien umzingelt und das Umland mit Russen bevölkert hätten? Je nach persönlichem Lieblingsfeindbild läßt sich dieses Gedankenexperiment auch gut mit Türken, Deutschen oder sonstwem denken. Wien als jahrzehntelang eingekesselte Stadt. Ja, viele Wiener wollen eh nie raus, aber wenn alle Annehmlichkeiten fehlen? Fabriken, Krankenhäuser, fast die ganze Infrastruktur ist zerstört. Wasser & Strom gibt’s nur stundenweise. Hunderttausende haben keine Wohnung. Es gibt kaum etwas zu Essen, Konsumartikel nur am Schwarzmarkt, Flughafen sowieso nicht. Massenarbeitslosigkeit, Unruhen, immer mehr Verrückte. Eine hohe Mauer mit Stacheldraht rund um die zerstörte Metropole. Strenge, schikanöse Grenzkontrollen und immer wieder jahrelange Totalblockaden. Generationen wachsen in unmenschlicher Gefangenschaft auf, haben nichts zu verlieren außer ihrem Haß auf die Besetzer. Die Welt sieht zu. Hilfe ist beschämend gering. Zuwenig zum Leben, genug zum Sterben …
Die Älteren haben sich vor Jahrzehnten noch mit Steinen gegen die Panzer gewehrt. Wie David gegen Goliath. Dann haben sich die Steinschleudern weiterentwickelt. Die Jüngeren schmuggeln in mühsam gegrabenen und immer wieder zerstörten Tunneln das Lebensnotwendigste und manche auch Waffen aus einem auch nicht gerade befreundeten Nachbarland. Doch jetzt gab es dort einen Militärputsch, und alles ist dicht.
Der Gazastreifen, ist etwa so groß und bevölkerungsreich wie Wien und leidet unter eben geschildertem Schicksal. Fremde haben sich mit einer subjektiv nicht nachvollziehbaren Begründung das ganze Land einfach kriegerisch angeeignet. Seither war nie wirklich Frieden.
Wir tragen Kleinigkeiten oft lange nach. Manche Ungerechtigkeiten scheinen uns so unvorstellbar, daß wir sie wohl lieber verdrängen. Kann so Gras drüberwachsen? Nicht wenn die Unterdrückung kein Ende nimmt.
Und doch wissen wir, daß Leid nie anderes Leid entschuldigen oder gar legitimieren kann. Auf keiner Seite. Im Namen der Toten zu töten, ehrt niemanden. Eine dauerhafte Lösung kann nur ein möglichst gemeinschaftliches, helfendes Miteinander sein. (Genau dabei will der Friedensturm Vorbild sein.) Doch warum geschieht da unten genau das Gegenteil? Warum wird eine Strategie, die ganz offenbar keinen Frieden bringt, schon so lange so stur weitergeführt? Und warum eskaliert es gerade wieder jetzt?
Die Blockade durch Israel & Ägypten, in der die Einfuhr von Zement, Eisen, Teer, Bücher, Musik, Kleidung aber zeitweise sogar Fischernetze, Zeitungen, Schreibzeug, Musikinstrumente, A4-Papier, Schokolade, Kartoffelchips, Linsen, Nudeln und vieles mehr weil angeblich gefährlich willkürlich verboten sind, hat in Gaza Millionen Menschenleben abhängig von Schmuggel gemacht. Vor allem weil die eigene spärliche Industrie regelmäßig zerbombt wird. Seit nach dem ägyptischen Frühling doch wieder das Militär regiert, werden die letzten Tunnel zerstört . Die spärliche Wirtschaft erliegt vollends. Die regierende Hamas kann nur noch eine Flucht nach vorne wagen. Wer nichts mehr zu verlieren hat, wird extrem gefährlich.
Aber auch in Israel hat der arabische Frühling seine Spuren hinterlassen. Seit Jahren demonstrieren immer wieder Zigtausende gegen die extreme soziale Ungleichheit innerhalb des Landes. Viele wollen die ungerechte Förderung religiöser Extremisten, die Aushöhlung der Demokratie aber auch die Unterdrückung der Palästinenser nicht mehr hinnehmen. Der hochverschuldete Staat steht vor der Wahl, entweder bei militärischen Ausgaben oder noch mehr bei Gesundheit, Bildung und Sozialem einzusparen. Wie so oft scheint ein profitabler Wirtschaftszweig seine Notwendigkeit vorzutäuschen.
Und mit den Protesten gegen die Zwangsumsiedelung von Beduinen im Süden Israels, bei der „zugleich etwa 700 Quadratkilometer Land konfisziert und anderen Nutzungen zugeführt werden“, sind wir thematisch wieder bei der eingangs erwähnten Landgier.
Wenn aber immer weiter protestiert wird, scheint es oft einfacher, alte Feindbilder zu schüren um vor den eigentlichen Problemen abzulenken. Doch Ablenken löst keine Probleme. Suchen wir Schuldige oder Lösungen? Nur wenn alle Seiten (und das sind viel mehr als zwei) ihre Vorurteile überdenken und offen aufeinander zugehen, wenn wir alle das positive Gegenteil von Krieg & Unterdrückung suchen, werden wir Frieden finden. Laßt uns nicht nur fordern oder beten sondern ganz konkret ein Vorbild sein !)
Ein lesenswerter Artikel, der den Nahostkonflikt aus Israelischer Sicht kommentiert: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/nahost-konflikt-warum-israel-nicht-siegen-kann-13057278.html
Und ein zwar nicht unparteiischer aber sehr selbstkritischer Vortrag eines israelischen Friedensaktivisten:
https://www.youtube.com/watch?v=etXAm-OylQQ
(Danke Joachim Luetke für den Tipp !)
[…] Gedenkreden und neue Kriegshetze z.B. gegen russischsprachige Menschen oder gegen welche in Gaza & Israel aber auch gegen Punks, Hausbesitzer, Flüchtlinge usw., daß unsere Spezialisten & Vertreter […]
Dieser ZDF-Bericht zeigt, wie Solidarität mißbraucht wird, um einen Krieg anzuzetteln.
BringBackOurBoys war nur einen Lüge: https://youtu.be/lrRRtYB_hLw
Warum wir uns mit Gewalt auch selber schaden.