Der Fluch der Meinungsfreiheit

Der Fluch der Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit ist eines der Argumente, mit denen viel zu oft ebendiese bekämpft wird. Ja, manchmal werden sogar Menschen getötet als Präventivmaßnahme zum Schutze dieses so oft mißbrauchten Wertes. Und derzeit sieht es so aus, als würde einmal wieder zu einem Krieg gerufen gegen die Meinungfreiheit der anderen.

Was bedeutet Meinungsfreiheit?
Ist das nur die Freiheit, sich lustig zu machen darüber, was anderen heilig ist? Oder ist das auch die Freiheit, davon verletzt zu sein? Bedeutet Meinungsfreiheit auch, Angst vor Ausländern haben zu dürfen? Oder nur, diese Verletzungen und diese Angst nicht wahrnehmen zu wollen, an eigenen Vorurteilen festzuhalten und sie zu verbreiten? Bedeutet Meinungsfreiheit auch, daß wir sexistisch über Männner, rassistisch über Ostdeutsche, Russen oder Araber, einfach nur kindisch über Ältere oder Jüngere und selbstverständig auch immer wieder über den Schreiber dieser Zeilen schimpfen dürfen?
Ja, Meinungsfreiheit ist das Recht auf wirklich jede Dummheit. Doch dabei ist nicht zu vergessen, daß auch unsere Freiheit dort endet, wo wir andere damit in Mitleidenschaft ziehen, kränken, herabsetzen oder sonstwie beeinträchtigen. Und ebenso zu bedenken ist, daß wir alle mit unseren Dummheiten immer auch und vor allem uns selber schaden.

Wenn wir uns nicht mit unseren Vorurteilen, unseren Abneigungen, unseren Allergien beschäftigen wollen, werden sie uns – werden wir uns selber immer nur mit Projektionen quälen. Wir sind nicht besser als andere. Aberglaube ist nicht besser als irgendeine andere Konfession. Das Schicksal ist kein weiserer Gott. Es ist nur schwammiger, unreflektierter, verantwortungsloser, fatalistischer.

Wenn Menschen absichtlich provoziert werden, wenn so lange Öl ins Feuer geschüttet wird, bis sie verärgert ihren eigenen Propheten verbrennen, dann entweihen sie selber, woran sie glauben, dann töten sie damit selber ihren Gott.

Zum Glück bedeutet Meinungsfreiheit aber auch die Freiheit, freundlich, wertschätzend & neugierig zu sein, verstehen zu wollen, warum andere verletzt & verärgert sind, warum sie an diesen oder an jenen Gott glauben oder nicht glauben wollen, warum sie kämpfen, schimpfen, sich lustig machen oder selbst aufopfern. Wir sind frei, nachzufragen, dazuzulernen, uns weiterzuentwickeln, und mit uns selbst beginnend die Welt wirklich zu verändern.